On the implausibility of the explosives plot

Auf der Mailinglist Interesting-People beschreibt der Chemiker David Farber auf äußerst amüsante Weise die Schwierigkeiten, die auf die mutmaßlichen Terroristen der geplanten Attentate von letzter Woche bei der Synthese des Flüssigsprengstoffes zugekommen wären. Seine Conclusio: Es ist höhst unwahrscheinlich, dass es selbst einem erfahrenen Chemiker gelungen wäre, den in den Medien beschriebenen Sprengstoff auf dem Sitz eines Flugzeuges bzw. auf einer Flugzeugtoilette erfolgreich herzustellen.

If you choke from fumes, or if your explosives go off before you’ve got enough made to take out the airplane — say if you only have enough to shatter the mirror in the bathroom and spray yourself with one of the most evil oxidizers around — you aren’t going to be famous as the martyr who killed hundreds of westerners. Your determination and willingness to die doesn’t matter — you still need to get the job done.

Im zweiten Teil seines Postings folgt dann eine Generalabrechnung mit der Idee, den Flugverkehr terrorfrei machen zu können.

Now, books aren’t the only things you could nitrate. Pants and shirts? Sure. It might take a lot of effort to get things just so or they will look wrong to the eye, but I bet you can do it. Clearly, we can’t allow people on planes wearing clothes. Nudity in the air will doubtless be welcomed by many as an icebreaker, having been deprived of their computers and all reading material for entertainment.

[Link via Fefe]

Political correctness in österreichischen Medien

Wer gedacht hat, der journalistische Stil der Kronen Zeitung ist nicht mehr zu unterbieten, sei hiermit eines Besseren belehrt. In den Obersteirischen Nachrichten von Freitag, 21. Juli 2006 war folgender Artikel zu lesen.

Neger versuchte Pensionistin zu vergewaltigen
St. Michael: Gegen 12:50 drangen gellende Schreie der 83-jährigen Juliana W., die sich nach einem Schlaganfall nur im Rollstuhl fortbewegen kann, durch das Haus Hauptstraße 37. Ein Afrikaner war durch das offene Küchenfenster in die im Parterre gelegene Wohnung eingestiegen. Anschließend warf er die völlig hilflose Frau im Vorzimmer auf den Boden, entkleidete sie und wollte offensichtlich einen Geschlechtsverkehr vollziehen. Durch die Hilferufe aufgeschreckt eilte der Unterkunftgeber, der 65-jährige Harlad P. vom ersten Stock ins Freie und konnte durch das Küchenfenster, die am Boden liegende Pensionistin sehen. Sogleich schrie der Mann nach seiner Frau, die von der Wohnung ins Parterre lief und die Wohnung aufsperrte. Sodann sah sie die zum Teil entkleidete am Boden liegende Pensionistin und den Neger, der die Frau vergewaltigen wollte. Der vor dem Küchenfenster stehende 65-jährige Pensionist schrie sodann laut in die Wohnung. Aus diesem Grund ließ der Afrikaner von der Pensionistin ab, rannte vom Vorraum in die Küche und sprang durch das offene Küchenfenster ins Freie. Beim Versuch des 65-jährigen den Täter festzuhalten, stieß ihn dieser zu Boden und flüchtete anschließend in Richtung B 113. Der Pensionist wurde durch diese Attacke leicht verletzt.
Die 83-jährige Frau, die auch an Alterdemenz leidet, hat durch das rasche Eingreifen ihrer Nachbarn keine Verletzungen erlitten. Sie wurde nach dem Vorfall im LKH Leoben ambulant behandelt.
Täterbeschreibung nach Aussage der Zeugen: Ein Neger, ca. 25-35 Jahre alt, ca. 170-180 cm groß, schlank, eher schmale Lippen, kein Bart und keine besonderen Merkmale. Bekleidung: braune Hose und ein orangebraunes Kurzarm-T-Shirt.
Hinweise an die PI St. Michael in der Steiermark: 059/133/606320

Jetzt könnte man vielleicht meinen, diesen Artikel hat ein 85-jähriger Journalist verfasst, dem entgangen ist, dass die Verwendung des Begriffs “Neger” heutzutage eindeutig rassistisch zu werten ist. Nach der Lektüre der Antwort auf den Leserbrief einer zurecht empörten Leserin vom 28. Juli wird allerdings klar, dass dieser Artikel wohl einer tieferen politischen Einstellung der Redaktion der Obersteirischen Nachrichten entsprungen ist.

Politische Unkorrektheit beim Bericht: „Neger versuchte…“
An die Obersteirische Nachrichten Redaktion:
In Ihrer Ausgabe vom 21. Juli findet sich auf der Seite 31 ein Bericht mit dem Titel „Neger versuchte Pensionistin zu vergewaltigen“.
Auch wenn es sich bei dem Vorfall um ein schlimmes Verbrechen handelt, kann man sich als Leser dennoch eine objektive, sachliche und politisch korrekte Beschreibung des Ereignisses erwarten. Der Ausdruck „Neger“ ist eine rassistische und minderwertige Bezeichnung eines Menschen schwarzer Hautfarbe und erinnert an das furchtbare Verbrechen der Sklaverei und des Völkermordes welche EuropäerInnen und NordamerikanerInnen an den AfrikanerInnen verbrochen haben. So gesehen ist ihre Wortwahl menschenverachtend, menschenrechtsverletzend, rassistisch und xenophob. Des weiteren frage ich mich, ob Sie österreichische Straftäter auch als bleichgesichtig mit typisch schmalen Lippen bezeichnen?
Petra Wlasak

Sehr geehrte Frau Wlasak!
Lieber Gutmensch!
Sie tun mir echt Leid, da sie als Kind wahrscheinlich schwer krank waren und daher längere Zeit in der Schule gefehlt haben dürfen. Ein Neger (abgeleitet von der wissenschaftlichen Apostophierung „negrid“ oder „negroid“) ist nicht eine rassistisch minderwertige Bezeichnung eines Menschen schwarzer Hautfarbe. Sie dürften aus Unwissenheit Nigger mit Neger verwechseln. Aber machen sie sich nichts daraus, denn nobody is perfect. Ein Neger (dabei kann es sich um einen Afrikaner oder aber auch Amerikaner handeln, keinesfalls aber um einen Eskimo! Pardon, um nicht wieder unkorrekt u sein, natürlich Inuit), ca. 180 cm groß, schlank mit schmalen Lippen, so heißt es eben in der Fahndungsbeschreibung der Polizei.
Und überhaupt zwängt sich in mir der fürchterliche Verdacht auf, dass sie als Gutmensch dem Täter, einem Neger eben (oder einigen wir uns auf Mohr), mehr Sympathie entgegenbringen, als jener querschnittgelähmten Frau, welche „ihr smoothly“ Afrikaner zu vergewaltigen versucht hat.
Liebe Frau Wlasak! Sollten sie weiter Löcher in ihrem offensichtlich zartem Allgemeinwissen zu stopfen haben, scheuen sie sich nicht und schreiben mir, einem schmallippigen und bleichgesichtigen Reporter!

Ich pack’s nicht! Das einzige konstruktive Argument in dieser Antwort, dass man ja nur die Fahndungsbeschreibung der Polizei übernommen habe, wird von Walter Sauer in einem weiteren Leserbrief ad absurdum geführt.

Es erscheint mir auch kaum glaublich, daß laut Ihrer Aussage der problematische Begriff in der von ihnen zitierten Fahnungsbeschreibung der Polizei enthalten ist. Sollte dies tatsächlich der Fall sein, so wäre dies ein Verstoß gegen das Rundschreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 24. Jänner 1994 (Zl. 51 381/4332-II/2/94), das die Verwendung des Ausdrucks “Neger” im Behördenverkehr der Polizei ausdrücklich verbietet.

Aber was soll man schon von einer Zeitung erwarten, die in ihrem Impressum als Tendenz angibt, heimatlich und überparteilich zu sein!

[via Forum Politikwissenschaft]

Das Medium Karte

Zeit-Karte:
Quelle: Die Zeit

In einem Telepolis-Artikel beschreibt Nils Zurawski den Umgang unserer Gesellschaft mit dem Medium Karte. Viel zu oft kommen Karten heute zur reinen Darstellung, nicht aber zur Analyse zum Einsatz. Dabei ist uns oft gar nicht bewusst, welche Gefahren von solchen vereinfachenden Darstellungen ausgehen.

Eine ähnliche Übersicht will auch die Zeit Online seinen Lesern liefern, in dem sie eine Weltkarte (Anm: siehe Bild) anbietet, die den vielsagenden Titel “Verbotene Zonen” trägt. Darauf zu finden sind gelb und rot markierte Länder, die über einen Klick mit einem entsprechenden Artikel verbunden sind. Der Einleitungstext für diesen Service ist bereits vielversprechend:

Verbotene Zonen – Das Auswärtige Amt warnt vor Ländern, in die Deutsche lieber nicht reisen sollten. Wohin? Warum? Eine interaktive Grafik klärt auf.

Die Welt als Gefahrenherd. Die Karte konstruiert globale No-Go-Areas, eine Aufklärung liefert sie jedoch nicht und auch die verlinkten Artikel lassen jede Menge Fragen offen. Eine Sicht auf die Welt, die andere Interpretationen nicht zulässt und eine zweifelhafte Orientierung verschafft.

Ebenfalls sehr weiterzuempfehlen ist der im Artikel verlinkte Aufsatz, den Ralf-Peter Märtin in der Zeit über Gerhard Mercator geschrieben hat.

[Telepolis: Mit Karten die Welt(en) verstehen]
[Die Zeit: Der Herr der Karten]

Nationalratswahlen ohne die Liberalen

Das Liberale Forum wird bei der Nationalratswahl am 1. Oktober nicht kandidieren. Dies gab heute der Bundessprecher der Liberalen, Alexander Zach der Öffentlichkeit bekannt. “Unser Ziel war es, den Wählerinnen und Wählern ein glaubwürdiges Angebot zu machen, das auch die Chance auf das Erreichen der 4%-Hürde beinhaltet hätte. Leider konnten unsere Bemühungen bis zuletzt die dafür notwendigen Rahmenbedingungen nicht herstellen”, so Zach in einer Stellungnahme.

Und wieder einmal zeigt sich, dass es in Österreich offensichtlich kein genügend großes Potential für eine Partei zwischen Links- und Rechtsliberal gibt. Entweder man glaubt an Gott (im katholischen Sinne) und ist für eine offene Wirtschaft, oder man ist Atheist und Globalisierungsgegner. Eigentlich Schade!

[liberale.at: Liberale treten bei Nationalratswahl nicht an]

Newropeans

Newropeans-Logo (Salamander)
Quelle: newropeans.eu

Am 24. Juni hat in Paris die erste Mitgliederversammlung (Agora) einer neuen europäischen Partei stattgefunden. Als erste transeuropäische politische Bewegung unseres Kontinents definieren sich die Newropeans nicht durch ihre nationalen Vertretungen, sondern als eine “auf europäischer Ebene … vollständig integrierte Bewegung, die nicht in nationale Strukturen untergliedert ist” (siehe Charta). Die Organisation und Kommunikation der Partei erfolgt zum größten Teil über das Internet.

An der Spitze der Newropeans steht der Franzose Franck Biancheri. Als Gründer der ersten transeuropäischen Studentenorganisation AEGEE (Association des Etats Généraux des Etudiants de l’Europe) war er einer der Vordenker des Studienaustauschprogramms Sokrates. Darüber hinaus ist Biancheri bereits 1989 einmal mit einer überstaatlichen Bewegung bei den Europawahlen angetreten. Damals haben sich 400.000 Franzosen, Spanier und Niederländer für die “Initiative für eine europäische Demokratie” (IED) entschieden. Dieses Mal sollen es mehr werden.

Das Scheitern der EU-Verfassung, die Sabotage des Stabilitätspakts, Erweiterungspläne ohne Ziel und minimale Wahlbeteiligung werten die Newropeans als Ausdruck der politischen Visions- und Führungslosigkeit, in die die EU geraten ist. Als Ausweg fordern sie vor allem eine demokratisch gewählte EU-Regierung. “Wer über 500 Millionen Menschen regieren will, muss dazu legitimiert sein”, findet Franck Biancheri. Diese Regierung soll vom Europäischen Parlament und von nationalen Vertretern bestimmt werden; die Kommission soll sich zur reinen Verwaltungseinheit zurückentwickeln. Ob der Rat, das Entscheidungsgremium der Mitgliedstaaten, auch abgeschafft werden soll, debattieren die Newropeans noch. “Wir sind eine Transitionspartei”, sagt Biancheri. “In 20 Jahren, wenn die Demokratisierung abgeschlossen ist, verschwinden wir von der Bildfläche.”

Und die Ziele der Newropeans sind keineswegs illusorisch. Bis zu den Europawahlen im Jahr 2009 sollen 20 Millionen Europäer (aus allen 27 Mitgliedstaaten) für die Idee einer transeuropäischen Reformbewegung begeistert werden. Mit fünf bis zehn Prozent der Sitze im europäischen Parlament, könnte man sich auch bei einer breiteren Öffentlichkeit Gehör für die notwendigen Reformen der EU verschaffen.

[Link via Ö1 Inforadio]
[taz.de: Das Ziel: 20 Millionen Wähler]
[cafebabel.com Wann kommen die paneuropäischen Parteien?]

Rettet Grodno!

Grodno 1915
Quelle: harodnia.com

Mit diesem Brief möchten wir uns an die Intellektuellen in aller Welt wenden. Wir, weißrussische Historiker, Studenten und Kulturschaffende bitten um Hilfe, um die Zerstörung der wertvollen historischen Stadt Grodno aufzuhalten und ihr kulturelle Erbe zu retten. Wir setzen unsere letzte Hoffnung auf Ihre Reaktion, um unwiederbringliche Denkmäler zu bewahren.

Dies ist der erste Absatz eines offenen Briefes, in dem sich zahlreiche Intellektuelle an die Europäische Öffentlichkeit wenden, weil sie darin die letzte Chance zur Rettung der belarussischen Stadt Grodno sehen. In diesem Brief fordern sie den Stopp der Zerstörung des historischen Erbes der Stadt an der Memel.

Heute im Dreiländereck zwischen Belarus, Polen und Litauen gelegen, verfügt Grodno über eine wechselhafte Geschichte. Bis Ende des 18. Jahrhunderts de facto die Hauptstadt des polnisch-litauischen Reiches, fiel die Stadt nach der ersten Teilung Polens an das Russische Reich. Kurzzeitig von Napoleon besetzt, wurde Grodno erst nach dem Ersten Weltkrieg wieder eine polnische Stadt. Aber auch diese Periode war nicht von langer Dauer. Im Zweiten Weltkrieg zuerst von der Sowjetunion und dann von den Deutschen besetzt, ist Grodno seit 1945 Teil (des seit 1991 unabhängigen) Weißrusslands. Trotz zahlreicher Umsiedlungen, gehören auch heute noch etwa 40 Prozent der Bevölkerung der polnischen Volksgruppe an.

Diese vielfältige Geschichte hat Grodno aber auch zu einem einzigartigen architektonischen Erbe verholfen. Während es bereits in sowjetischer Zeit zu großen Zerstörungen kam, drohen aktuelle Entwicklungen ganze Teile der historischen Altstadt auszulöschen.

Die Rekonstruktion der Altstadt Grodnos wird ohne rechtlich vorgeschriebene archäologische Untersuchungen durchgeführt. Nur oberflächliche Schürfe wurden zugelassen – insgesamt haben diese nur einen winzigen Teil des historischen Zentrums abgedeckt. So werden Historiker in Zukunft nur noch erahnen können, was von den Bulldozern zerstört wurde. Selbst diejenigen einstigen Sehenswürdigkeiten, auf deren Fundamente man stieß, und die ohne weiteres wieder errichtet werden könnten, werden zerstört. Teile des Adelspalais der Radziwillows und des einstigen Rathauses wurden beschädigt, der alte Marktplatz wurde gänzlich beseitigt. Statt eine Sanierung vorzunehmen wurden weitere Denkmäler rekonstruiert, indem man an ihrer Stelle billige und schlechte Kopien entstehen ließ.

Wie Felix Ackermann berichtet, scheinen vor allem aber auch die alten jüdischen Viertel von den aktuellen städtebaulichen Maßnahmen bedroht zu sein.

[Mitropa: Rettet Grodno!]
[Vom Ufer der Memel: Eine Perle droht zu zerspringen]
[harodnia.com: Alte Postkarten]
[harodnia.com: Fotos von den aktuellen Zerstörungen]

TV-Tipp: Visions of Europe, Mo 5.6. 23h30 ORF2

25 Kurzfilme aus den 25 Ländern der Europäischen Union. Die Kurzfilme sind Statements zur EU-Erweiterung, mit den Themengebieten Einwanderung, Migration, Identitätssuche und Status-Kritik von namhaften Regisseuren wie Peter Greenaway, Fatih Akin, Barbara Albert und Aki Kaurismäki. Die individuellen Visionen gleichen Lichtkegeln, die aus unterschiedlichen Perspektiven auf die Eigenarten dieser sich ständig in Bewegung befindlichen Staatengemeinschaft hinweisen.

[via BAOBAB Medientipp]

SOS ORF (updated)

SOS ORF

Unabhängigkeit ist nicht nur Recht der journalistischen oder programmgestaltenden Mitarbeiter, sondern auch deren Pflicht. Unabhängigkeit bedeutet Unabhängigkeit von Staats- und Parteieinfluss, aber auch Unabhängigkeit von anderen Medien, seien es elektronische oder Printmedien, oder seien es politische oder wirtschaftliche Lobbys.

( § 4. (6) ORF-Gesetz)

Unterschreiben!

Update: … und diese natürlich auch!

Update: “Ich würde mir wünschen, dass uns der ORF mindestens genauso viel wert ist, wie die Hundstrümmerl.” (Barbara Coudenhove-Kalergi)

[Link]

In memoriam Günther Nenning

Club2: 1968 - Das Jahr des Aufstands

Über Günther Nennings politische und publizistische Aktivitäten der letzten Jahre, kann man sicher unterschiedlicher Meinung sein. Als Moderator der ORF-Diskussionssendung Club 2 war er auf jeden Fall genial – soweit ich als Jahrgang 83 das beurteilen kann.

Ich habe hier eine Aufzeichnung des Club 2 vom 13. Juni 1978 auf meiner Platte. Zum Thema “1968 – Das Jahr des Aufstands” diskutieren u.A. Rudi Dutschke und der junge Daniel Cohn-Bendit. Falls jemand Interesse daran hat, bzw. problemlos 800 MB auf seinem Server hosten kann: markus@wienerlloyd.net.

[Link]