La carte géographique n’est pas le territoire. Elle en est tout au plus une représentation ou une « perception ». La carte n’offre aux yeux du public que ce que le cartographe (ou ses commanditaires) veut montrer. Elle ne donne qu’une image tronquée, incomplète, partiale, voire trafiquée de la réalité. Voilà de quoi sonner le glas des illusions de cette partie du public qui lit la carte comme un fidèle reflet de ce qui se passe sur le terrain.
Anlässlich der Erscheinung des neuen
Atlas der Globalisierung findet sich in der aktuellen Ausgabe von
Le Monde diplomatique ein wunderbarer Artikel von Philippe Rekacewicz:
La cartographie, entre science, art et manipulation. In der deutschen Ausgabe ist der Artikel unter dem Titel
Der Kartograf und seine Welten erschienen.
Anhand zahlreicher Beispiele beschreibt Rekacewicz die politische Bedeutung von Landkarten. So kam es beispielsweise im Jahr 2002 auf einer Wirtschaftskonferenz in Prag zu regelrechten Tumulten, als dem aserbaidschanischen Vertreter eine Karte vorgelegt wurde, in der Bergkarabach als Teil Armeniens eingezeichnet war. Erst nach einigen Stunden konnten die Verhandlungen fortgesetzt werden.
Bei der Umweltministerkonferenz der UN im Februar 2001 unterbrachen die Vertreter der Volksrepublik China eine Plenarsitzung und verließen vor den ungläubig staunenden Delegierten den Saal. Sie boykottierten die weiteren Verhandlungen, weil Taiwan auf einer Karte und in einem Arbeitspapier als unabhängiger Staat auftauchte. Und sie kehrten erst wieder zurück, nachdem die beanstandeten Dokumente aus dem Verkehr gezogen waren.
Karten lügen (immer)! So lässt sich der Schluss Rekacewicz’ zusammenfassen. Sie lügen, weil sie, schon allein aufgrund der geographischen Verkleinerung, bestimmte Details verschweigen. Oft ist es aber auch nur politisches Kalkül, wenn Karten nicht den geographischen Tatsachen entsprechen. So schildert Philippe Rekacewicz etwa eindrucksvoll, mit welchen Überaschungen er und einige andere französische Kartographen konfrontiert waren, als sie nach dem Mauerfall 1989 Ostdeutschland besuchten.
Zu unserer Orientierung hatten wir nur ein paar alte topografische DDR-Karten. Aber die waren so falsch, dass wir so gut wie nichts von dem, was wir vor Augen hatten, auf ihnen wiedererkannten. Auf einem zehn bis zwanzig Kilometer breiten Streifen entlang der Grenze fehlten alle wesentlichen geografischen Bezeichnungen – Straßen und Dörfer, ja die gesamte Infrastruktur, alles, was auch nur irgendwie der Orientierung hätte dienen können.
Andere Karten hingegen lügen nicht, weil sie verscheigen, sondern weil sie verfälschen. So sind Karten heutzutage ein sehr beliebtes Machtinstrument. Die “… heutigen Mächte in Wirtschaft und Politik – Staaten, große Lobbygruppen, internationale Konzerne und Organisationen – bedienen sich ihrer umstandslos, arrangieren hier und da die Wirklichkeit, um ihre Macht zu festigen oder uns ihre Sicht der Dinge einzuprägen”. Und nicht zuletzt spiegeln Landkarten natürlich auch die sehr verschiedenen Weltanschauungen wieder.
Betrachtet man die Afrikakarten, insbesondere die in Europa produzierten, fallen als dominierende Farbeindrücke ein sanftes Ockergelb und ein Dunkelgrün auf: die trockene, staubige Savanne und der dichte Regenwald auf Äquatorhöhe. Ein Gang über den Markt von Ouagadougou oder Bamako genügt jedoch, um den tatsächlichen Farbenreichtum Afrikas zu erfassen. Ein Lehrer im Tschad hat es einmal, als noch alle Schulbücher im Lande aus Frankreich kamen, sehr schön formuliert: “Irgendwas stimmt nicht mit den Karten. Sie sind so bleich, so fahl. Man könnte meinen, sie seien krank.”
[Le Monde diplomatique:
La cartographie, entre science, art et manipulation]
[Le Monde diplomatique:
Der Kartograf und seine Welten]