“Sprüh a Wolkn”

In seinem im heutigen Standard veröffentlichten Artikel “Mein erstes Schragel” berichtet Radek Knapp über die Erfahrungen, die er – damals erst seit kurzem in der Stadt – als Jugendlicher mit der Wiener Sprache gemacht hat.

In Wien begriff ich aber, dass mein Problem nicht nur im Erlernen der deutschen Sprache bestand, sondern darin, dass man in Wien gar nicht Deutsch sprach. Ich werde nie vergessen, als ich mich einmal in ein Gasthaus in Ottakring verirrte und gleich an der Schwelle den mysteriösen Satz hörte: “Sprüh a Wolkn!”

An den Gesichtern, die diesen Satz gerade fallen ließen, erkannte ich eines. Es war keine Aufforderung, eine Wolke mit einer Spraydose zu bearbeiten, sondern das Lokal recht flott wieder zu verlassen. Von da an staunte ich, wie viele Ausdrücke es in dieser traditionell gastfreundlichen Stadt gab, die einen zum Sich-Entfernen auffordern.

Zum Beispiel “Schlag a Wöhn”. Ins Deutsche übersetzt “Schlag eine Welle” bedeutete das Gleiche wie eine Wolke sprühen. Eine “Welle nicht zu schlagen” wäre sehr töricht, sollte diese Aufforderung im Bezirk Favoriten ausgesprochen worden sein. Stark im Kommen ist übrigens wieder das gute alte: “Hau di iba d’Heisa”. Wahrscheinlich, weil es so arabisch klingt. Da kam mir ein “Moch an Servas” dagegen eigentlich schon recht elegant rüber. Ganz zu schweigen von solchen Evergreens wie “Schleich di”, “Drah di” oder “Geh bodn”.

(“Der Standard”, Print-Ausgabe, 29. Dezember 2007)